Arten und Lebensräume schützen

Der natürliche Lebensrhythmus nachtaktiver Arten, die ihre Lebensweise an Dunkelheit angepasst haben, kann durch künstliches Licht eingeschränkt werden. Wichtig ist, künstliche Beleuchtung nur dann und dort einzusetzen und nur so viel, wie benötigt wird.


Lichtimmissionen beeinflussen Ökosysteme. Sie stören beispielsweise nachtaktive Insekten, Vögel oder Fledermäuse in ihrer Orientierung und beeinträchtigen damit Paarungsverhalten, Nahrungssuche oder Auffinden von Brutplätzen. Dadurch können einzelne Arten dezimiert werden. Ihr Verschwinden kann schwerwiegende Folgen für das gesamte Ökosystem haben und damit unsere Nahrungsgrundlage gefährden. So halten Vögel und Fledermäuse Agrarschädlinge im Zaum. Viele unscheinbare Insekten haben eine wichtige Bestäuberfunktion für die Landwirtschaft. Die ökologische Leistung der Insekten ist jedoch weitaus vielfältiger: Insekten sind unter anderem ein wichtiges Glied in der Nahrungskette, dienen der biologischen Schädlingskontrolle, dem Erhalt der Bodenfruchtbarkeit oder der Gewässerreinigung. Die Lösung: Lichtimmissionen von vornherein reduzieren.

Licht und Insekten

Künstliches Licht lockt Insekten an. Etwa 30 bis 40 Prozent der von Straßenleuchten angezogenen Insekten sterben wenig später durch Überhitzung, Dehydration oder Räuberei. Betroffen sind auch zahlreiche Arten, die nach der Bundesartenschutzverordnung und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie besonders oder streng geschützt sind. Laut Naturschutzbund Deutschland (Nabu) verenden hierzulande bis zu 150 Billionen Insekten pro Jahr an Straßenleuchten.

Insekten sehen anders

Insektenaugen haben eine andere spektrale Empfindlichkeit als das menschliche Auge. Der Mensch hat die höchste Hellempfindlichkeit im Bereich um 555 Nanometer (1 nm = 1 milliardstel Meter), wobei die geringste noch wahrnehmbare Wellenlänge bei 380 nm liegt. Anders verhält es sich bei Insekten: Sie nehmen Licht mit hohen blauen und ultravioletten Anteilen viel heller wahr als Menschen. Nachtfaltern reicht etwa das Licht von Mond und Sternen aus, um sich in der Dunkelheit zu orientieren. Das Maximum der Helligkeitsempfindung eines Nachtfalterauges liegt im Bereich zwischen 360 und 410 nm; bei der Fliege (Art Musca, Ordnung Diptera) liegt es sowohl bei circa 350 nm als auch bei etwa 490 nm. In der relativen spektralen Empfindlichkeit ergeben sich also Unterschiede zwischen tag- und nachtaktiven Tieren sowie zwischen Insektenfamilien.

Das größte Helligkeitsempfinden nachtaktiver Insekten liegt außerhalb des für den Menschen sichtbaren Lichtspektrums im UV-Bereich (unterhalb von 400 nm) und erstreckt sich bis in den Blau- (450 nm) und Grünbereich (550 nm). Mehrere Studien bestätigen, dass Lichtquellen mit UV-Anteil Insekten ebenfalls verstärkt anlocken (A. Barghini and B. A. Souza de Medeiros, “UV Radiation as an Attractor for Insects,” LEUKOS, vol.9, no. 1, pp. 47–56, 2012, doi: 10.1582/LEUKOS. 2012.09.01.003.). 

Diese Lichtquellen ziehen Insekten an

Nachtaktive Insekten nehmen beispielsweise die spektrale Zusammensetzung und Helligkeit des Lichts von Leuchtstofflampen und Quecksilberdampf-Hochdrucklampen deutlich stärker wahr als Menschen. Auch das schwache Mondlicht, das sie vermutlich zur Orientierung nutzen, empfinden sie als deutlich heller. 

Das Licht von Natriumdampf-Hochdrucklampen ohne UV-Anteil erscheint Insekten dagegen dunkler. Denn gegenüber gelb-orangefarbenen und roten Spektralanteilen im Licht sind sie nahezu unempfindlich; der Einsatz von Lichtquellen mit warmen Lichtfarben mindert also den Insektenanflug.

Lampentyp pro Nacht Kelvin (K)

Insekten

LED 3.000 41,1

LED

6.000 74,9

Natrium-Hochdrucklampe

2.000 162,9

Metallhalogendampf-Hochdrucklampe          

3.000 - 6.500  198 - 372

Quelle: Feldstudie Universität Kiel/BUND Schleswig-Holstein

LED-Licht schont Insekten

LED emittieren keine UV-Strahlung und haben insgesamt eine geringere Anlockwirkung als herkömmliche Beleuchtung. LED-basierte Lichtquellen zur Straßenbeleuchtung haben ein breiteres Spektrum im Bereich zwischen circa 420 nm und 780 nm. Durch die verwendeten blauen LED zur Erzeugung von weißem Licht besteht ein Emissionsmaximum bei 450 nm. Dieses variiert je nach Farbtemperatur und ist bei kaltweißen LED am größten. Nach aktueller Datenlage scheint es jedoch keinen Zusammenhang zwischen Farbtemperatur und Anlockwirkung zu geben. Ein Beispiel: Glühlampen haben eine vergleichsweise niedrige Farbtemperatur, wiesen jedoch in allen Studien eine große Anlockwirkung auf. Hingegen hatten LED mit ähnlicher Farbtemperatur stets eine deutlich geringere Anlockwirkung.

Warmweißes LED-Licht und Insekten

Eine Studie von Professor Dr. Gerhard Eisenbeis zur Insektenverträglichkeit von LED im Vergleich zu herkömmlichen Lichtquellen beobachtete im Sommer 2011 das Anflugverhalten von Insekten in Frankfurt am Main. Dabei wurden sechs unterschiedliche Lichtquellen mit Insekten-Fanggefäßen ausgestattet, täglich geleert und die Ausbeute gezählt. Die besten Ergebnisse erzielten warmweiße LED, gefolgt von kaltweißen LED.
 

Lichtspektrum: Blau versus Rot

Der Blauanteil einer Lichtquelle ist für ökologische Aspekte von besonderer Bedeutung:

  • Blaues Licht hat allgemein eine stärkere Anlockwirkung auf Insekten als Licht im roten Spektrum.
  • Auch Menschen empfinden Beleuchtung „kälter“ und damit unangenehmer, je höher der Blauanteil ist. Licht mit einem eher roten Spektrum wirkt dagegen wärmer und „gemütlicher“.
  • Aufgrund der Rayleigh-Streuung verteilt sich blaues Licht besonders stark in der Atmosphäre und sorgt für eine stärkere Aufhellung des Nachthimmels als Licht mit einem eher rot/orangefarbenen Spektrum.
  • Licht im rot/orangefarbenen Spektrum verbessert das Kontrast-Sehen und hat Vorteile zum Beispiel im Nebel. Filtert man den Blauanteil komplett aus dem Spektrum heraus, können Blau- und Grüntöne nicht mehr unterschieden werden (eingeschränktes Farb-Sehen).

Damit scheint die Lösung ökologischer Nachteile auf der Hand zu liegen: der Einsatz von Licht mit einem möglichst roten Spektrum. Doch blaues Licht hat den entscheidenden, wirtschaftlichen und ökologischen Vorteil: Je höher der Blauanteil, desto höher die Energieeffizienz. Oder im Umkehrschluss: Je wärmer die Lichtfarbe, desto geringer die Energieeffizienz.

LED, die Licht im eher gelben oder roten Spektrum emittieren, bieten sich nur für besondere Anwendungsbereiche an. Denn sie sind deutlich weniger effizient als solche mit hohem Blauanteil. Ganz ohne Blauanteil aber geht es in vielen Fällen nicht, da ohne Blau kein weißes Licht erzeugt werden kann.
 

Amber – gelbes Licht mit vielen Möglichkeiten

Viele Hersteller bieten ihre Leuchten in der Sonderlichtfarbe Amber an. Das bernsteinfarbene gelbe Licht hat eine Farbtemperatur von 1.800 Kelvin und weist eine Emission ausschließlich im Bereich zwischen 500 und 700 nm auf. Es ist möglich, dass amberfarbene LED eine deutlich niedrigere Anlockwirkung auf Insekten haben als andere LED-Lichtquellen.

Ohne die normativen Anforderungen außer Acht zu lassen, kann das gelbe Licht gezielt in verkehrsärmeren Bereichen eingesetzt werden und dort sogar zur Sicherheit beitragen. So weckt sein Einsatz zur farblichen Abhebung von Fußgängerüberwegen Aufmerksamkeit. In Hafengebieten fördert es aufgrund der geringeren Lichtstreuung eine bessere Sicht. Das als warm und behaglich empfundene Licht wird gerne zur Beleuchtung von touristischen Orten oder Parkanlagen eingesetzt. Weitere Einsatzgebiete für amberfarbene Beleuchtung sind Regionen, die als sogenannter Sternenpark anerkannt werden wollen oder es bereits sind.

Beleuchtung dimmen

Gedimmte und in Zeiten geringen Bedarfs ausgeschaltete Beleuchtung wirkt sich potenziell auch positiv auf Insekten aus. Wird Beleuchtung gedimmt oder ausgeschaltet, wenn sie nicht gebraucht wird, ist das positiv für Insekten. In einem Feldexperiment (Davies et al.) wurde die Anlockwirkung von weißen LED auf Spinnen und Käfer untersucht: Am effektivsten erwies sich eine Kombination aus Dimmen (50 Prozent) und Ausschalten der Leuchten (zwischen 0 Uhr und 4 Uhr). So konnte die Zahl der von der Lichtimmission betroffenen Insektenarten deutlich reduziert werden.

Weitere Schutzmaßnahmen

Über den Grad der Anlockung beziehungsweise Schädigung von Tieren entscheiden neben der spektralen Lichtverteilung und Leuchtdichte der Lichtquelle auch der Kontrast zur Umgebung, die Lichtpunkthöhe und der Abstrahlwinkel der Leuchte, der die auch für Insekten sichtbare leuchtende Fläche bildet. Grundsätzlich sollten Leuchten ab der Horizontalen kein Licht mehr nach oben abstrahlen. (In der Maßeinheit ULR = Upward Light Ratio beziehungsweise ULOR = Upper Light Output Ratio wird in Prozent der Anteil der Abstrahlung einer Leuchte in den oberen Halbraum angegeben.)

Künstliche Lichtquellen an Siedlungsrändern, Stadtparks und außerhalb von Ortschaften – etwa in Gewerbegebieten oder an Schlossruinen – haben laut Naturschutzbund eine große Anziehungskraft auf Insekten. Insbesondere bei freistehenden Bauwerken, die weit sichtbar in den Abendhimmel ragen, sollten hohe Kontraste zwischen hell und dunkel vermieden werden. An Objekten, die sich von der Umgebung abheben sollen, können Lichtexperten oft zunächst Probebeleuchtungen vor Ort vornehmen. Die Gehäuse der Leuchten sollten zudem vor dem Eindringen von Spinnen und Insekten geschützt sein. Um zu verhindern, dass Insekten verbrennen, sollte die Oberflächentemperatur des Gehäuses 60 Grad Celsius nicht übersteigen. Der Wert lässt sich eher noch unterschreiten. 

Koexistenz von Mensch und Fledermaus

Durch den Einsatz der LED ist es einfacher geworden, spezielle Lichtspektren zu entwickeln, die Räume für Menschen angenehm gestalten und dabei den natürlichen Rhythmus nachtaktiver Arten wie Fledermäuse und Insekten möglichst wenig stören. Außenleuchten mit einem speziell auf Fledermäuse angepassten Lichtspektrum lassen die Population ungestört und schaffen zugleich eine adäquate Beleuchtung für Anwohner. Das Licht wirkt von Weitem sehr rot, ergibt vor Ort aber eine für den Menschen angenehme, warme Beleuchtung bei guter Sichtbarkeit.

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